Fröndenberg / Unna / Hemmerde / Bönen: Im „Namen des Naturschutzes“- Kahlschlag mitten in der Brutzeit (!), 02.06.2010 (B. Glüer)

02.Juni 2010

Heute leider mal eine sehr unerfreuliche Beobachtung, die ich hier thematisieren möchte. Bei einem Besuch des NSGs Hemmerder Wiesen fielen mir penetrante Motorengeräusche aus den Randzonen des NSGs auf – ein Blick durchs Fernglas bestätigte meine Befürchtung: sechs Motorsensen fraßen sich durch extra angelegte Saumbiotope, in denen zur Zeit das Leben buchstäblich pulsiert (Mai / Juni – Hauptreproduktionszeit des gesamten Jahres!). Ein Firmen-Lkw stand nicht weit entfernt. Ein Gespräch mit den sehr freundlichen, der deutschen Sprache kaum mächtigen Arbeitern, bestätigte eine weitere Befürchtung: verantwortlich für dieses fragwürdige Treiben ist ausgerechnet die für Natur- und Umweltschutz zuständige Behörde des Kreises – die Untere Landschaftsbehörde! Ein sofort per Handy geführtes Telefonat vergrößerte das Entsetzen – statt der erhofften Entschärfung durch ein eventuelles Stoppen oder Verschieben der Arbeiten. Kein Wort des Bedauerns, dass aufgrund irgendwelcher für mich noch nicht erkennbarer Notwendigkeiten die leider schmerzliche Maßnahme notwendig sei. Stattdessen eine Belehrung darüber, dass im Rahmen vertraglich festgelegter Gewährleistungspflichten der Unternehmer, der im Zuge von Landschaftsplanumsetzungen die Vogelschutzhecke angelegt hat, durch jährlich zweimaliges Freischneiden (Mai ! und August) dafür zu sorgen hat, dass die Vogelschutzgehölze auch wachsen…. – das seien nun mal die Richtlinien – und zwar drei Jahre lang! – Als mir im Laufe des Gespräches auch noch attestiert wurde, dass ich nur zu einer sehr einseitigen Sicht der Dinge in der Lage sei und gar nicht verstehen wolle, worum es ginge, gab ich auf.
Zwei Stunden später war ich noch einmal vor Ort, um mir einen Eindruck von den Auswirkungen der „Pflegearbeiten“ an der ca. 400 m langen Hecke zu machen. Schon auf den ersten Metern 1 hektisch wirkender Sumpfrohrsänger, außerdem 1 aufgeregtes Goldammerpaar – insgesamt fand ich 4 zerstörte Sumpfrohrsängerreviere, und 2 Dorngrasmückenreviere in der ausgemähten Hecke. Außerdem ein freigemähtes Erdhummelnest mit vielen verwirrten Arbeiterinnen, die in den nächsten Wochen vergeblich nach blühenden Taubnesseln und anderen Nektarspendern suchen werden. Während meiner Beobachtungen hörte ich in einigen Hundert Metern Entfernung die Motorsensen in einer anderen Hecke bei Bönen-Lenningsen. – Von den Arbeitern wusste ich bereits, dass Lünern und Fröndenberg noch folgen werden…

Mit insgesamt 6 Motorsensen wird ein Vogelschutzgehölz während der Brutzeit totgepflegt, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Mit insgesamt 6 Motorsensen wird ein Vogelschutzgehölz während der Brutzeit totgepflegt, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Auch für Laien erkennbar: die Gehölze sind bereits so groß, dass sie krautige Konkurrenz gut ertragen, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Auch für Laien erkennbar: die Gehölze sind bereits so groß, dass sie krautige Konkurrenz gut ertragen, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Selbst der Gemeine Schneeball (Virburnum opulus) ist bereits so kräftig, dass man sich um ihn keine Sorgen machen müsste, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Selbst der Gemeine Schneeball (Virburnum opulus) ist bereits so kräftig, dass man sich um ihn keine Sorgen machen müsste, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Hier musste ein kleiner Bestand der Großen Karde (Dipsacus silvester) weichen - über Wochen im blütenarmen Hochsommer ein wichtiger Nektarspender für Hummeln und Schmetterlinge, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Hier musste ein kleiner Bestand der Großen Karde (Dipsacus silvester) weichen - über Wochen im blütenarmen Hochsommer ein wichtiger Nektarspender für Hummeln und Schmetterlinge, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Und hier stand ein kräftiger Bestand des Zottigen Weidenröschens im Weg (bevorzugter Brutplatz des Sumpfrohrsängers), 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Und hier stand ein kräftiger Bestand des Zottigen Weidenröschens im Weg (bevorzugter Brutplatz des Sumpfrohrsängers), 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Ein irritierter Sumpfrohrsänger blickt aus dem Pflanzzaun auf sein zerstörtes Reich - wenn die Vegetation für ein neues Nest wieder nachgewachsen ist, tritt der Zugvogel bereits seine Abreise ins Winterquartier an, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Ein irritierter Sumpfrohrsänger blickt aus dem Pflanzzaun auf sein zerstörtes Reich - wenn die Vegetation für ein neues Nest wieder nachgewachsen ist, tritt der Zugvogel bereits seine Abreise ins Winterquartier an, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Auch das Goldammerweibchen hat vermutlich die Brut in der Hecke verloren, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Auch das Goldammerweibchen hat vermutlich die Brut in der Hecke verloren, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Noch unverständlicher: ein Schilfsaum außerhalb des Schutzzaunes ist ebenfalls abgemäht, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Noch unverständlicher: ein Schilfsaum außerhalb des Schutzzaunes ist ebenfalls abgemäht, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Der Eichenspaltpfahl markiert die Grenze der Schutzfläche - wohlbemerkt: die befindet sich links des Pfahles! 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Der Eichenspaltpfahl markiert die Grenze der Schutzfläche - wohlbemerkt: die befindet sich links des Pfahles! 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Dieselbe Behandlung einer Hecke bei Lenningsen. Man sieht deutlich, dass solche Hecken in der Monotonie der angrenzenden Ackerflächen Lebensräume mit enormer Sogwirkung sind, die wie hier dann jedoch zur Falle werden, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

Dieselbe Behandlung einer Hecke bei Lenningsen. Man sieht deutlich, dass solche Hecken in der Monotonie der angrenzenden Ackerflächen Lebensräume mit enormer Sogwirkung sind, die wie hier dann jedoch zur Falle werden, 02.06.10 Foto: Bernhard Glüer

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