{"id":6897,"date":"2010-03-13T05:51:45","date_gmt":"2010-03-13T04:51:45","guid":{"rendered":"http:\/\/www.oagkreisunna.de\/?p=6897"},"modified":"2010-04-07T21:08:55","modified_gmt":"2010-04-07T19:08:55","slug":"werner-prunte-ist-tot","status":"publish","type":"post","link":"http:\/\/archiv.01.oagkreisunna.de\/2010\/03\/13\/6897\/","title":{"rendered":"Werner Pr\u00fcnte ist tot"},"content":{"rendered":"

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Vor fast 70 Jahren im Ruhrtal in Fr\u00f6ndenberg geboren, ist der Ornithologe Werner Franz Pr\u00fcnte am 12.03.2010 ebendort unerwartet gestorben.<\/p>\n

Schon fr\u00fch fand Werner in den emotionalen Wirren einer Kriegs- und Nachkriegskindheit ohne den fr\u00fch verstorbenen Vater einen Halt und eine Ausflucht in der Ornithologie, die sein Leben wie nichts anderes pr\u00e4gen sollte. In dem vor zwei Monaten verstorbenen Arno Bock und in Horst Mester fand er zwei lebenslange Freunde und Begleiter, die ihm das Tor zur Vogelwelt aufstie\u00dfen und ihm damit seinen eigenen Kosmos er\u00f6ffneten. Mit seinem ausgezeichneten, musikalisch geschulten Geh\u00f6r und der Begeisterung des Heranwachsenden erschlo\u00df er sich ohne noch nicht existente Spektive und ornithologische Spezialliteratur in Windeseile das ganze Spektrum der damals bekannten heimischen Vogelwelt – und erweiterte es zusammen mit seinen Freunden. Die gro\u00dfen Wassergewinnungsanlagen des Ruhrtals zogen die jungen Fr\u00f6ndenberger Ornithomanen magisch an. Die z. T. gemeinsam und akribisch gef\u00fchrten Tageb\u00fccher geben Zeugnis aus einer l\u00e4ngst untergegangenen ornithologischen Welt voller heute vermisster Seltenheiten aber auch von den „Neuentdeckungen“ f\u00fcr die westf\u00e4lische und binnenl\u00e4ndische Avifauna.<\/p>\n

Der Abstand zum Vogel war aber immer noch zu gro\u00df: Abhilfe schuf die wissenschaftliche Vogelberingung, die f\u00fcr \u00fcber 50 Jahre dann\u00a0 die unmittelbarste Form seines Zugangs zum Vogel darstellte. Getrieben von einem unstillbaren Wissensdurst und einer Neigung zum inneren Diskurs sah und erkannte Werner in jedem Vogel, in jedem Mauserschema eine eigene Fragestellung, einen Wust zu best\u00e4tigender oder zu wiederlegender Annahmen, die das Denken und Handeln bestimmten. Netze, Stangen, Klangattrappen statt Schulb\u00fccher (das Geld ging heimlich in die Ausr\u00fcstung), -stunden und Studium. Schnell war mit dem „Anthus“ – die Pieper waren als Ohrenv\u00f6gel Programm – f\u00fcr die jungen westf\u00e4lischen Ornithologen ein Forum gefunden, das einen Aufbruch aus den bestehenden Strukturen versprach und Grundsteine f\u00fcr viele heutige Selbstverst\u00e4ndlichkeiten legte.<\/p>\n

Horst Mester war es wieder, der durch sein Studium den Fr\u00f6ndenberger Ornithologen den Blick \u00fcber den Tellerrand des Haarstrangs erm\u00f6glichte – wenn auch unter Deformation des Geruchssinns: die Kl\u00e4ranlage der Stadt M\u00fcnster, die Rieselfelder. Hier trafen die Fr\u00f6ndenberger F\u00e4nger auf weitere „Wilde“ um Michael Harengerd und Michael Speckmann – eine produktive aber auch knisternde Melange.<\/p>\n

Bis 1973\/1974 hielt diese, die damalige WOG nachhaltiger beeinflussende Allianz, bis – auch durch das Scheitern seiner ersten Ehe – das Band riss: In den Wirren der Zerw\u00fcrfnisse war es nicht Werners Rolle, mit Bedacht die Fugen zu kitten oder auszugleichen. Mit dem Auszug aus den Rieselfeldern und den Trennungen gingen nicht nur Freundschaften zu Bruch, Bockigkeit beerdigte den „Anthus“, die westf\u00e4lischen Ornithologen standen ohne Zeitschrift und Vorsitzende da und wurden emotional und inhaltlich um Jahre zur\u00fcckgeworfen.<\/p>\n

Die Ornithologie war der feste Halt in allen Br\u00fcchen, nach den Limikolen folgten f\u00fcr Werner die Weihen: Theodor Trendelkamp und Doris Glimm konnten die jahrelange Unterst\u00fctzung des unerm\u00fcdlichen Suchers in handfeste Schutzerfolge umm\u00fcnzen – bis das ehrenamtliche Engagement als Aufgabe der Gesellschaft anerkannt wurde und in Manfred H\u00f6lker eine nicht minder zielstrebige Nachfolge fand.<\/p>\n

Freiraum f\u00fcr eigene Projekte, Fragestellungen. (Fast) Keine Vogelart, die nicht untersucht und auf die Rolle genommen wurde. Zahllose Fangprogramme, an die 50000 Beringungen auch im Ausland – zusammen mit Horst Mester und anderen auf den Balearen, in Tunesien, \u00c4gypten, mit Reinhard Vohwinkel und Team in der T\u00fcrkei, mit Bernhard Koch und zuletzt Gregor Zosel vor Ort – kein Vogel konnte sich in Sicherheit wiegen, keine Fragestellung blieb ungestellt. Unbeantwortet ein Heer. So sehr die Feldarbeit sein Leben jeden Tag ab Sonnenaufgang bestimmt hat, so sehr hat er seinen inneren Widerstand nicht \u00fcberwunden, seine Gedanken, Thesen und Beweisf\u00fchrungen endlich niederzuschreiben. Das Tagesgesch\u00e4ft war sein Metier – schon aufgrund der T\u00e4tigkeit als langj\u00e4hriger Redakteur seiner Lokalzeitung. Vom Blattmacher zum „Blogger“ – mit mehreren tausend Meldungen hat Werner der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Kreis Unna in den letzten Jahren im Internet ein Gesicht und Ornithologen Orientierung gegeben. So wie er seine Begeisterung vielen jungen Ornithologen und sein Engagement f\u00fcr den Naturschutz einer breiteren \u00d6ffentlichkeit vermittelt hat.<\/p>\n

Werner Pr\u00fcnte war ein Allround- und Ausnahmeornithologe – in der \u00fcbrigen Zeit haben ihn seine Familien als einen warmherzigen, musischen, diskussionsfreudigen und immer humorvollen Menschen erlebt. Er ist nicht am (Vogel-)Netz aus den Stiefeln gekippt – wie immer, auch selbst, vermutet – aber beim Aufbruch in das Gelsenkirchener Wasserwerk in Fr\u00f6ndenberg, wo alles begann. Letzte Meldung „. . . 2 Bergpieper im \u00dcbergangskleid, 5 m\u00e4nnliche Bachstelzen“ – mehr und Genaueres war am 11.03.2010 bei Frost und Schnee nicht drin.<\/p>\n

Falko Pr\u00fcnte<\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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