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Karten: R. Ohde
Der Kreis Unna

Sehen Sie den kleinen roten Fleck in der Deutschlandkarte? Ja dort, im Westen, in der Mitte des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen liegt der Kreis Unna. Er bildet den östlichen Übergangsbereich zwischen dem durch den Ballungsraum Ruhrgebiet stark überformten Emscher-Land und dem alten landwirtschaftlich geprägten Siedlungsraum Hellwegbörde. Die durch politisches Tauziehen 1975 getroffene Festlegung der Kreisgrenzen orientiert sich an dem östlichen Einzugsbereich der Stadt Dortmund und führt so zur Form des "Bananenkreises Unna".
Zum Kreis Unna zählen 10 Städte und Gemeinden: Bergkamen, Bönen, Fröndenberg, Holzwickede, Kamen, Lünen, Schwerte, Selm, Unna und Werne. Das 542,5 km² große Kreisgebiet misst in der größten Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung etwa 39 km und in der Ost-West-Richtung 30 km. Der tiefste Punkt liegt in Selm im nördlichen Kreisgebiet mit 46,5 m über NN, der höchste im Süden auf dem Bürenbruch mit 260,2 m. Markante Wasserscheide des Kreisgebietes ist der Haarstrang mit dem Ardeygebirge.
Direkte Nachbarn des Kreises Unna sind die kreisfreien Städte Dortmund, Hagen, Hamm und die Nachbarkreise Coesfeld, Märkischer Kreis, Recklinghausen und Soest. Im Süden erreicht der Kreis im Grenzbereich zur Stadt Hagen Höhen von etwa 290 m über NN, im Norden werden an der Lippe östlich der Kreisgrenze zwischen den Kreisen Recklinghausen und Coesfeld 42 m nicht unterschritten.

Der Kreis Unna zählte 1998 insgesamt 428.271 Einwohner. Die Werte der Bevölkerungsdichte belegen deutlich die Übergangsstellung des Kreises Unna zwischen dem dicht besiedelten Ruhrrevier mit ca. 1.230 Einwohnern/km² im Westen des Kreises und den nur ca. 770 Einwohnern/km² aufweisenden, ländlicheren Gebieten. Innerhalb des Kreisgebietes ist die Besiedlungsdichte von Gemeinde zu Gemeinde allerdings sehr unterschiedlich. Den Städten Lünen, Bergkamen, Kamen und Schwerte mit 1.500–900 Einwohnern/km² stehen die weniger dicht besiedelten Städte Fröndenberg, Werne, Selm und Unna sowie die Gemeinden Bönen und Holzwickede mit 400–800 Einwohnern/km² gegenüber.

Der Kreis Unna zeigt feucht gemäßigtes, ozeanisch beeinflusstes Klima mit vorherrschenden Windrichtungen um Südwest. Die jährlichen Niederschläge bewegen sich um 750 mm, in den höheren Lagen werden 800 bis 900 mm erreicht, wobei die durchschnittlichen Monatsmaxima gewöhnlich im Juli liegen. Allerdings treten nicht selten auch vermehrte Niederschläge im April - Juni auf. Das ausgeglichene Klima mit einer mittleren Januar-Temperatur zwischen 1 und 2°C führt nur selten zu einem Zufrieren der Gewässer. Eisfrei bleiben in der Regel vor allem die Flussläufe, namentlich die Lippe, die von den großen Kohlekaftwerken der Region über die Rückführung des aufgewärmten Kühlwassers eine zusätzliche Vereisungssicherung erhält.


Naturräumliche Gliederung, Geologie und potentielle natürliche Vegetation

Die sogenannte „Naturräumliche Gliederung" fasst Teilräume zusammen, die sich vor allem aufgrund ihrer Landschaftsbeschaffenheit, der Geologie, der Boden- und Klimaverhältnisse, des Wasserhaushaltes und der potentiellen natürlichen Vegetation von angrenzenden Gebieten abgrenzen lassen.
Im Süden des Kreises, im Bereich Ardeygebirge–Ruhrtal–Haarstrang stoßen zwei naturräumliche Großeinheiten unseres Bundeslandes aufeinander. Nördlich dieser Linie erstreckt sich die Westfälische Bucht mit dem durch Hecken und Feldgehölze gegliederten, flachwelligen Kernmünsterland und der seit Jahrhunderten fast waldfreien, stark ackerbaulich genutzten, zum Haarstrang hin ansteigenden Hellwegbörde. Südlich davon liegt das waldreiche Süderbergland mit dem Unteren Sauerland. Typisch sind hier die stark ausgeprägten Kerbtäler (Siepen) an den waldbedeckten Hängen und bachführende Sohlentäler zu Füßen der Hänge.
Zusätzlich zu den nahezu ausschließlich von ihren natürlichen Grundlagen her definierten Großlandschaften gliedert die Rote Liste der gefährdeten Vogelarten in NRW den Ballungsraum Rhein-Ruhr als zusätzlichen Bezugsraum aus den übrigen Großlandschaften aus und beurteilt ihn getrennt.
All diese Naturräume weichen in ihrer Landschaftsgeschichte, den geologischen Gegebenheiten, der Naturausstattung und dem für sie typischen Artenvorkommen bei Fauna und Flora mehr oder weniger stark voneinander ab.
Der Ursprung für die unterschiedliche naturräumliche Einstufung gründet sich in der Geologie des Raumes.Im Bereich des Haarstrangs taucht das in zahlreichen Falten und Buckeln liegende, aus dem Karbonzeitalter stammende Gestein des Sauerlandes unter die lössbedeckten Kalk-, Sandstein- und Mergelablagerungen der Westfälischen Kreideschüssel, die am Teutoburger Wald beginnend hier ausläuft. Die Kreideschichten sind mitsamt dem Rumpfgebirge nach Norden abgesenkt. Über dem kohlehaltigen Karbon liegen wasserstauende Mergelkalke und Tone des Cenomans. Die Ablagerungen des Tertiärs fehlen.
Während im Süden Gesteinsbildungen des rund 300 Mio. Jahre alten Oberkarbons zutage treten, werden die anstehenden Schichten nach Norden zu immer jünger bis zu den Ablagerungen der Kreide. Die jüngsten Hinterlassenschaften der Eisbedeckung, Sand und Findlinge, stammen von der etwa 200 000 Jahren zurückliegenden Saale-Eiszeit.
Das Ausmaß menschlich bedingter Veränderungen in unserer Landschaft zeigt sich am schärfsten in der Abweichung von der "potentiellen natürlichen Vegetation" (PNV). Die PNV ist die konstruierte Vorstellung der Pflanzendecke, die sich unter den augenblicklichen Standortverhältnissen als Schlussgesellschaft einstellen würde, wenn der Eingriff des menschlichen Wirtschaftens unterbliebe.
Das gesamte Untersuchungsgebiet stellt sich bei einer solchen Betrachtung als potentielles Waldland mit Laubmischwäldern dar (vgl. BURRICHTER et al. 1988). Differenzierungen ergeben sich vor allem aufgrund von Bodenart und -typ, Grundwasser- und Basenversorgung. Im Norden des Kreises, im Bereich des Kernmünsterlandes überwiegen Eichen-Hainbuchenwälder (Stellario-Carpinetum), die auf mäßig bis stark basen- und nährstoffreichen Nassböden (Pseudogley-Gley) stocken. Auf der Niederterrasse der Lippe und stellenweise nördlich hiervon kämen auf sandigen Böden auch nährstoffarme Eichen-Buchenwälder (Fago-Quercetum) vor. In der Hellwegbörde sind Flattergras-Buchenwälder (Milio-Fagetum) typisch, die heute wegen der frühzeitigen Ackernutzung der Lößböden nur noch in Fragmenten vorhanden sind. Das Süderbergland wird von den bodensauren Hainsimsen-Buchenwäldern (Luzulo-Fagetum) beherrscht, die im Vergleich zu den Flattergras-Buchenwäldern nährstoff- und artenärmer sind. Die meist schmalen Bachtäler des Süderberglandes werden typischerweise von Hainmieren-Erlen-Auwäldern (Stellario-Alnetum) gesäumt, während an den kalkführenden Bächen des mittleren und nördlichen Kreisgebietes ein Bach-Erlen-Eschenwald (Carici remotae-Fraxinetum) vorkommen könnte. Die Lippeaue würde je nach Überschwemmungshäufigkeit einen Silberweiden-Auwald (Salicion) oder einen Traubenkirschen-Erlen-Eschenwald (Pruno-Fraxinetum) beherbergen. In der Ruhraue wäre nach BURRICHTER et al. (1988) ein Eichen-Hainbuchenwald potentiell natürlich. Bei einer veränderten Überflutungsdynamik könnten sich jedoch auch großflächig Gesellschaften der Erlen-Auwälder (Alnion glutinosae) oder der Silberweiden-Auwälder (Salicion albae) entwickeln.


Landnutzung, Lebensräume, Naturschutzgebiete
Der überwiegende Teil der Kreisfläche ist – trotz der Randzonenlage zum Ballungsraum Ruhrgebiet – landwirtschaftlich genutzt. Dies ist die traditionelle Nutzung seit der Rodungsperiode der Wälder. Wald stockt heute in der Regel nur dort, wo die Standorte zu steil sind, zu schlechte Böden aufweisen oder zu nass für die Landwirtschaft sind.
Der mittlere Bereich des Kreisgebietes, die eigentliche Börde, mit überwiegend guten Lösslehmböden ist Bauernland. Die Bördelandschaft ist nur spärlich durch Hecken oder Feldgehölze gegliedert. Wiesen und Weiden, die in den Auen der Ruhr und Lippe dominieren, treten in der Börde zugunsten von Ackerflächen zurück. Große, rationell zu bearbeitende Äcker mit einem sehr geringen Anteil an Feldrainen sind für die weiträumige, intensiv genutzte Feldflur heute kennzeichnend.
Die Intensivnutzung auf großen Flächen unter Einsatz der Produkte der Agrochemie ist inzwischen grundsätzlich im gesamten Kreisgebiet die Regel. Kleinere Flächeneinheiten mit einem geringfügig höheren Anteil an Lebensraum-Grenzlinien und gliedernden Strukturen finden wir, bedingt durch die Topographie, im Süden und im Norden, wo die ursprüngliche Parklandschaft des sich hier ins Münsterland erstreckenden Kreisgebietes noch erkennbar ist.

Den zweitgrößten Flächenanteil im Kreisgebiet beanspruchen Nutzungen, die teilweise ehemals naturnahe Flächen – meist unwiederbringlich – stark überformt bzw. ‚verbraucht' haben. Es sind dies die ausgedehnten Siedlungsbereiche im Kreisgebiet mit ihren Gärten, Parkanlagen und Friedhöfen sowie das stark ausgeprägte Verkehrswegenetz. Größere Anteile nehmen hier auch die Industrie- und Gewerbegebiete ein. Besonders hervorzuheben ist der Bergbau mit seinen alten Industrieanlagen (z.B. Schachtanlagen, Bergehalden) bis hin zu den heutigen großen Kraftwerksanlagen. Eine weitere Nutzungsart findet sich im Ruhrtal in den Bereichen, die insbesondere der Wasser-, aber auch der Energiegewinnung dienen. Sie beanspruchen hier große Bereiche der Aue und verändern maßgeblich den Fließgewässercharakter der Ruhr.

Die Sandböden im Norden und die steileren Lagen im Süden werden als Wirtschaftswälder genutzt. Die Übernutzung der ehemaligen Wälder durch den Menschen bis ins 18./19. Jahrhundert hinein – auch in Form der Waldweide – führte zu einer großflächigen Veränderung bzw. Zerstörung der Waldgesellschaften. Anschließend erfolgte vielfach eine Aufforstung mit Kiefern und Fichten, die auf den verarmten Böden zusammen mit der Birke am leichtesten anwuchsen. Sie erinnern nur selten an die ursprünglichen Waldgesellschaften. Später wurden und werden immer noch Laubwälder aus wirtschaftlichen Gründen durch schnellwüchsige Fichtenforsten ersetzt.
Aufgrund dieser Entwicklungen zeichnet sich heute insbesondere der Cappenberger Wald im nördlichen Kreisgebiet im Raum Selm/Werne/Lünen als historisch alter, großer zusammenhängender Waldkomplex im Kreis Unna besonders aus. Aufgrund des Vorkommens einer ganzen Reihe von naturnahen Laubwaldgesellschaften sowie einer vergleichsweise vollkommenen Tier- und Pflanzenartenausstattung ist dieses bedeutendste Waldgebiet des Nordkreises als Schutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume vorgeschlagen worden.
Der Süden des Kreises ist deutlich waldreicher als der Nordteil. Typisch für die heutigen Wirtschaftswälder sind Altersklassenforsten als Monokulturen mit Kahlschlagwirtschaft. Im Stadtgebiet Schwerte haben Laubwälder etwa einen Anteil von 40 % an der Gesamtwaldfläche.

Einen flächenmäßig nur geringen Anteil im Kreis haben die Wasserflächen. Obwohl die Fließgewässer in den meisten Fällen durch Uferbefestigung, Begradigung, streckenweise auch durch Verrohrung verändert und ihrer natürlichen Dynamik beraubt wurden, treten sie als prägende und das Landschaftsbild belebende Elemente hervor. Vor allem die Lippe im Norden und die Ruhr im Süden sind hier zu nennen. Größere Stillgewässer sind der Ternscher See bei Selm und der Geiseckesee bei Holzwickede.

Eine Sonderstellung nehmen die Bergsenkungsgebiete ein, die durch nachsackendes Deckgebirge über abgebauten Kohleflözen entstanden sind und noch entstehen. Werden die Flächen nicht mittels Pumpen entwässert, bildet sich eine Wasserfläche aus, was vom Grundeigentümer meist als Katastrophe, von den Wasser, Sumpf und Röhricht bewohnenden Tier- und Pflanzenarten wohl eher als Glücksfall empfunden wird. Das bekannteste Beispiel im Kreis ist der Beversee bei Bergkamen der von einem alt- und totholzreichen Laubwaldbestand umsäumt wird.

Im Jahr 2000 sind im Kreis Unna 37 Naturschutzgebiete mit insgesamt 1.332,6 ha rechtskräftig ausgewiesen. Die Landschaftsplanung sieht im Raum Fröndenberg noch fünf weitere Gebiete vor. Die Naturschutzgebiete im gesamten Kreisgebiet werden dann mit 1.486,1 ha 2,7 % der Kreisfläche ausmachen. Weitere Naturschutzgebietsausweisungen sind im Rahmen von Erweiterungen bestehender Naturschutzgebiete und im Zuge der Umsetzung der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie möglich.
Überwiegend handelt es sich bei den Naturschutzgebieten um Offenland-Biotopkomplexe mit Schwerpunkt auf unterschiedlichen Grünlandbeständen. 37,4 % der gesamten Naturschutzgebietsfläche liegt in den großen Auen von Lippe und Ruhr, 35,9 % in der offenen Kulturlandschaft, meist in Bachtälern. Hinzu kommen 11,6 % in Gebieten mit Waldstrukturen, 10,4 % in Bergsenkungsgebieten und 4,7 % im Bereich ehemaliger Abbaustätten (z. B. Steinbruch, Sandgrube).

(Textauszüge, verändert, aus: D. Ackermann, K. Klinger, 2000: Das Untersuchungsgebiet - der Kreis Unna. In: Die Brutvögel des Kreises Unna. 2000.)